Pressemitteilung vom 17. Juni 2019

Virtuelle Reise in die Vergangenheit der erneuerbaren Energien

Neue Web-Anwendung ermöglicht Erkundung des Ausbaus in den letzten 30 Jahren

Wie haben sich die erneuerbaren Energien im Strombereich in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland räumlich und zeitlich entwickelt? Mithilfe einer neuen Web-Anwendung können interessierte Nutzer diese Entwicklung kartographisch nachvollziehen und somit eine virtuelle Reise in die Vergangenheit der erneuerbaren Energien unternehmen. Basis ist ein Datensatz, der durch ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam unter Leitung des UFZ erarbeitet wurde. Er umfasst nahezu alle bis 2015 in Deutschland errichteten Erneuerbare-Energien-Anlagen im Strombereich (Windenergie, Photovoltaik, Bioenergie, Wasserkraft).

Benutzeroberfläche Web-GIS-Anwendung Foto: UFZ
Benutzeroberfläche Web-GIS-Anwendung
Foto: UFZ
 Foto: Markus Distelrath_Pixabay

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Seit Inkrafttreten des Stromeinspeisegesetzes im Jahr 1991 und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 entwickeln sich die erneuerbaren Energien rasant. Wurden im Jahr 1990 nur ca. 19 Terawattstunden (TWh) Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, waren es im Jahr 2018 schon circa 225 TWh. Erneuerbare Energien nehmen damit nach Braun- und Steinkohle  den zweiten Rang im deutschen Strommix ein. Ihr Anteil am Bruttostromverbrauch lag im Jahr 2018 bereits bei rund 38 Prozent.

Die Notwendigkeit eines Umbaus des Energiesystems sowie die positiven Effekte der erneuerbaren Energien für die Reduktion von Treibhausgasemissionen sind unstrittig. Klimaschutz ist eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt von Natur und Landschaft und trägt dazu bei, das Überleben von Arten langfristig zu sichern. Galten erneuerbare Energien lange Zeit per se als umweltfreundlich, so treten mit zunehmendem Ausbau Auswirkungen auf Natur und Umwelt deutlicher zu Tage, die zu Konflikten mit den Zielen des Naturschutzes führen können. Dazu zählen zum Beispiel Vogel- und Fledermausschlag an Windenergieanlagen, Verlust an Brachflächen und Biodiversität durch Monokulturen von Energiepflanzen oder Landschaftsbildbeeinträchtigungen durch Hochspannungsleitungen.

Im Unterschied zu den großen und räumlich konzentrierten fossilen Kraftwerken sind die Erneuerbare-Energien-Anlagen in hoher Anzahl dezentral im Raum angeordnet. Ihr Ausbau geht mit einem deutlich höheren Flächenbedarf sowie einer breiter gestreuten und weit in den Raum hineinreichenden Wirkung einher. Die Erfassung der räumlichen Lage und der räumlichen Beziehungen der Erneuerbare-Energien-Anlagen ist deswegen ein wichtiger Baustein für das Verständnis ihrer Wirkungen auf Natur und Landschaft. Daher erstellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen des Forschungsvorhabens EE-Monitor einen detaillierten Datensatz, welcher 24.475 Windenergieanlagen (ca. 39,3 Gigawatt (GW) installierte Leistung), 3.265 Photovoltaik-Freiflächenanlagen (ca. 9,4 GW), 14.236 Bioenergie-Anlagen (ca. 6,8 GW) und 7.153 Wasserkraft-Anlagen (ca. 4,1 GW) umfasst. Dieser wurde bereits Anfang 2019 über das UFZ Datenrechercheportal öffentlich zugänglich gemacht.

Diese Datengrundlage ermöglicht neue Analysemöglichkeiten von hoher regionaler aber auch nationaler Aussagekraft, etwa zu folgenden Fragestellungen: Welche Landflächen - Wald, Acker, Wiese - werden besonders von erneuerbaren Energien in Anspruch genommen? Rücken Windenergieanlagen immer näher an Naturschutzgebiete oder Siedlungen heran?

Die WebGIS-Anwendung ermöglicht den interessierten Nutzern einen direkten und kostenfreien Zugang zu dieser wissenschaftlich aufbereiteten Datenbasis. Auf unkomplizierte Art und Weise kann so jeder den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu Stromerzeugung in einer bestimmten Region oder einem Bundesland in Erfahrung zu bringen. Auch Planer und Vertreter von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind eingeladen, diese neue Analysemöglichkeit intensiv zu nutzen.

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat das Forschungsvorhaben "Naturschutzfachliches Monitoring des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Strombereich und Entwicklung von Instrumenten zur Verminderung der Beeinträchtigung von Natur und Landschaft (EE-Monitor)" zwischen August 2015 und Dezember 2018 mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert. Ziel war es, die Entwicklungen und die daraus folgenden Auswirkungen der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung (Windenergie, Photovoltaik, Bioenergie und Wasserkraft) sowie des zum Energietransport benötigten Stromnetzes auf die biotische Umwelt bzw. die Belange des Naturschutzes insbesondere im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes möglichst systematisch zu erfassen und darzustellen. Neben dem UFZ beteiligten sich an dem Forschungsvorhaben das Deutsche Biomasseforschungszentrum, das Leipziger Institut für Energie, die Bosch & Partner GmbH und die Ingenieurbüro Floecksmühle GmbH. Der Endbericht zum Forschungsvorhaben wird voraussichtlich im Herbst 2019 veröffentlicht.

Zugang zur WebGIS-Anwendung sowie Informationen zum Forschungsvorhaben EE-Monitor: www.ufz.de/ee-monitor

Zugang zum Originaldatensatz: https://www.ufz.de/record/dmp/archive/5467/de/.

Wissenschaftliche Veröffentlichung zum Originaldatensatz: https://www.mdpi.com/2306-5729/4/1/29


Weitere Informationen

Dr. Markus Millinger
UFZ-Department Bioenergie
markus.millinger@ufz.de

Prof. Dr. Daniela Thrän
Leiterin des UFZ-Departments Bioenergie
daniela.thraen@ufz.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

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