Pressemitteilung vom 24. März 2021

EU-Projekt PrecisionTox startet

Im Fokus steht der Schutz des Menschen vor schädlichen Auswirkungen von Chemikalien

19,3 Millionen Euro investiert die EU in ein neues Forschungsprojekt unter dem Namen PrexisionTox. Damit verfolgt sie das Ziel, die Entwicklung neuer Methoden zur Prüfung der Chemikaliensicherheit zu beschleunigen und so zum Schutz von Gesundheit und Umwelt beizutragen. Unter der Leitung der Universität Birmingham sind 15 europäische und US-amerikanische Institutionen beteiligt, darunter das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) als einer von drei deutschen Partnern. 

UFZ-Wissenschaftler*innen untersuchen unter anderem die Auswirkungen von Chemikalien auf die Embryonalentwicklung von Zebrafischen. Foto: André Künzelmann / UFZ
UFZ-Wissenschaftler*innen untersuchen unter anderem die Auswirkungen von Chemikalien auf die Embryonalentwicklung von Zebrafischen.
Foto: André Künzelmann / UFZ

Das Wissenschaftlerkonsortium wird Informationen aus Genetik, Genom, Stoffwechsel und evolutionärer Entwicklung nutzen, um die Toxizität hunderter Chemikalien zu untersuchen und zu erforschen, wie sie biologische Prozesse stören, die für die menschliche Gesundheit wichtig sind. Diese Ansätze eröffnen ein neues Feld der "Präzisionstoxikologie", das die Konzepte des Sicherheitsmanagements für Chemikalien auf die gleiche Weise verändern wird, wie die Präzisionsmedizin bereits die Gesundheitsversorgung prägt. Es ist zu erwarten, dass sowohl die Chemikalienpolitik als auch die Chemikalienregulierung dadurch maßgeblich beeinflusst werden. 

Den Wissenschaftlern ist es wichtig, dass sie bei ihren Forschungsarbeiten keine Tierversuche mit Säugetieren einsetzen, sondern stattdessen mit wirbellosen Organismen wie Fruchtfliegen, Wasserflöhen, Rundwürmern sowie Embryonen von Zebrafischen und Krallenfröschen arbeiten (wirbellose Organismen und Embryonalstadien werden als Alternativen zum Tierversuch bewertet). Außerdem werden humane Zellkulturen eingesetzt, um Wechselwirkungen mit bestimmten toxikologisch relevanten Signalwegen zu identifizieren. 

Projektleiter John Colbourne von der Universität Birmingham erklärt: "Da der Mensch evolutionsbedingt viele Gene mit diesen Organismen teilt, können wir an ihnen die genetischen und metabolischen Pfade kartieren, die auch für die menschliche Gesundheit wichtig sind. Diese gemeinsame Biologie hilft uns zu verstehen, wie diese genetischen Verbindungen und Interaktionen durch Umweltchemikalien beeinflusst werden können - das wiederum wird uns helfen, die Gesundheit von Tieren und Menschen besser zu schützen."

Die im Projekt entwickelten tierversuchsfreien Methoden sollen es künftig ermöglichen, schädliche Chemikalien anhand zuverlässiger molekularer Toxizitätsmessungen zu klassifizieren und als krebserregend, hormonell störend, neurotoxisch oder andere Krankheiten verursachend einzustufen. Sie bieten schnellere und billigere Alternativen zu Tierversuchen, die der Industrie helfen, sowohl sicherere Chemikalien zu entwickeln als auch Biomarker bereitzustellen, mit denen schädliche Chemikalien, die sich bereits in der Umwelt befinden, erkannt und überwacht werden können.

Richard Fuller, der Gründer von "Pure Earth" und Mitautor des Berichts der Lancet-Kommission von 2017 zu Gesundheit und Umweltverschmutzung, begrüßt das Projekt. Er stellt fest: "Die Umweltverschmutzung ist weltweit für jeden neunten Todesfall verantwortlich, aber bisher gab es nur wenige größere Initiativen, um den Chemikalien auf die Spur zu kommen, die das verursachen."

Das UFZ ist mit einem Budget von knapp 1 Mio. Euro ein wichtiger Partner im EU-Projekt PrecisionTox. UFZ-Wissenschaftler*innen untersuchen unter anderem die Auswirkungen von Chemikalien auf die Embryonalentwicklung von Zebrafischen. Dabei werden neue Bild-gestützte Verfahren eingesetzt, die eine automatische Erfassung von Störungen der Entwicklung als Indikator für die schädliche Wirkung von Chemikalien erlauben. Um die beobachteten Effekte besser bewerten zu können, wird auch die Aufnahme der Chemikalien in den Embryo analysiert. Außerdem werden die Chemikalienwirkungen mithilfe ausgewählter Zellkulturmodelle untersucht. Sowohl beim Fischembryomodell als auch bei den Zellkulturen werden die Effekte im Zusammenhang mit den physikochemischen Eigenschaften und Strukturen der Testsubstanzen betrachtet, um daraus mögliche spezifische Wechselwirkungen abzuleiten. 

PrecisionTox ist ein von der Europäischen Kommission im Rahmen des H2020-Programms bis 2026 gefördertes Projekt (Förder-Nr. 965406). Folgende Institutionen sind beteiligt: Universität Birmingham (Leitung), Universität Heidelberg, Universität Indiana, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fundacio Centre de Regulacio Genomics, WatchFrog SA, Universität Clemson, Universität Oxford, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Altertox SPRL, Cell Networks GmbH, Michabo Health Science Ltd, Acondicionamiento Tarrasense Associacion, Misvik Biology Oy, Latvia MGI Tech.

Weiterführende Informationen zum Projekt: Centre for Precision Toxicology.

 


Weitere Informationen

Dr. Stefan Scholz
UFZ-Department Bioanalytische Ökotoxikologie
stefan.scholz@ufz.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

www.ufz.de

Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

www.helmholtz.de
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