Pressemitteilung vom 8. Dezember 2010

Wissenschaftler: Feuerbrunst in Israel gibt Vorgeschmack auf Klimawandel im Mittelmeerraum

Prognosen erwarten Vorrücken der Wüste um 300 Kilometer nach Norden

Haifa/Leipzig. Die Feuerkatastrophe im Karmel-Gebirge bei Haifa ist nach Ansicht eines der Autoren des Reports zum Klimawandel in Israel ein Vorgeschmack auf die Zukunft. Vor zehn Jahren hatte Dr. Guy Pe'er zusammen mit anderen israelischen Forschern das Wissen über die erwarteten Auswirkungen des Klimawandels in Israel zusammengefasst. Klimaszenarien erwarten für das Jahr 2100 in Israel eine Erhöhung der Mitteltemperatur um mindestens 1.5 Grad Celsius, einen Rückgang der Niederschläge und ein Ansteigen der Verdunstung. Verspätete Winterniederschläge würden das Risiko von Waldbränden erhöhen, warnten die Forscher bereits im Jahr 2000.

Das Karmel-Gebirge im Norden Israels

Das Karmel-Gebirge liegt im Norden Israels in der Nähe der am Mittelmeer gelegenen Stadt Haifa. Das Gebirge ist bis zu 546 Meter hoch und aufgrund der verhältnismäßig hohen Niederschläge gedeiht dort eine üppige Vegetation. Deshalb wurden große Teile zum Nationalpark erklärt und unter Schutz gestellt.
Foto: Ran Gluzman

download als jpg (0,8 MB)

Blick von einer Hotelanlage im Karmel-Gebirge in Richtung Mittelmeer

Das Karmel-Gebirge bei Haifa ist ein beliebtes Ausflugziel in Israel. Blick von einer Hotelanlage über die Wälder Richtung Mittelmeer. Das Foto entstand am 30. November 2011 kurz vor Ausbruch des verheerendes Großbrandes. Auch das Hotel fiel den Flammen zum Opfer.
Foto: Tal Gluzman

download als jpg (0,7 MB)

Nutzungsbedingungen Bildmaterial

Die Häufigkeit, die Intensität und das Ausmaß der Brände würden durch den trockenen Boden, stärkere Verdunstung sowie häufigere und intensivere Hitzeperioden zunehmen, so der "Israel’s National Report on Climate Change", den die Ben-Gurion-Universität des Negevs im Auftrag des israelischen Umweltministeriums erstellt hatte. Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad, die inzwischen als ein vergleichsweise konservatives Szenario gilt, rechnen die Forscher damit, dass sich die Wüste im Nahen Osten um 300 bis 500 Kilometer nach Norden ausdehnt. Die typischen mediterranen Ökosysteme würde damit aus Israel verschwinden. Den Waldbränden im Karmel-Gebirge im Norden Israels war eine Hitzeperiode mit Temperaturen um 30 Grad Celsius und acht Monate Trockenheit vorausgegangen. Im Durchschnitt beträgt die Temperatur um diese Jahreszeit hier jedoch nur etwa 20 Grad, und der erste Regen fällt gewöhnlich zwischen September und Oktober.

Das Karmel-Gebirge erhebt sich im Norden Israels bis zu 546 Metern über dem Mittelmeer. Aufgrund der verhältnismäßig hohen Niederschläge und niedriger Bevölkerungsdichte gedeiht dort eine üppige Vegetation. Deshalb wurden große Teile zum Nationalpark erklärt und unter Schutz gestellt. 1989 erlebte Guy Pe'er, der zur Zeit am Helmhotz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) arbeitet, wie drei Waldbrände große Teile des Karmel-Gebirges am Rande seiner Heimatstadt Haifa zerstörten. "Ich habe damals zwölf Monate lang die Rückkehr der Pflanzen untersucht und 15 Monate die Wiederansiedlung des Mesopotamischen Damhirschs begleitet. Dabei habe ich gelernt, dass Feuer etwas Natürliches sind und die Natur sich wieder erholen kann, wenn sie nicht wiederholt gestört wird", berichtet Pe'er. Geschockt ist der Ökologe aber über das Ausmaß, das die Wandbrände inzwischen angenommen haben. 1989 verwüstete der größte Brand eine Fläche, die zehnmal kleiner als 2010 war.

Bei den bisher schlimmsten Waldbränden in der Geschichte Israels starben in den vergangenen Tagen 42 Menschen und 250 Häuser brannten nieder. Insgesamt wurden 5000 Hektar Land im Karmel-Gebirge bei Haifa verwüstet - darunter auch der größte Kiefernwald Israels. Die Schäden werden auf über 55 Millionen Euro geschätzt. In Israel wird seitdem heftig über die Feuerwehr diskutiert. Guy Pe'er sieht die Hauptursachen aber nicht in Fehlern der Feuerwehr, sondern im Konsumverhalten der Menschen, das zur weiteren Erwärmung der Atmosphäre führt: "Wir müssen etwas dagegen tun. Es geht um unseren Konsum, um unsere Gesellschaft und Gewohnheiten. Wir konsumieren mehr als wir sollten und riskieren so unsere eigene Zukunft. Können wir uns wie verantwortliche Menschen verhalten und unsere Gewohnheiten ändern?" Aus Sicht des Israelischen Wissenschaftlers ist die internationale Politik gefordert, auf der UN-Klimakonferenz in Cancun Beschlüsse zu fassen, die die Erwärmung der Atmosphäre bremsen. Denn der Klimawandel ist keine Fiktion. Die Israelis haben in diesen Tagen einen Ausblick bekommen, was die kommenden Generationen erwartet.

Weitere Informationen

Dr.Guy Pe'er
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: +49-341-235-1646
Dr.Guy Pe'er

oder

Tilo Arnhold
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
presse@ufz.de
0341-235-1635

Weiterführende Links

Climate Change Israel National Report 2000:
http://nasa.proj.ac.il/Israel-Research/Climate_Change_Israel_National_Report.html

Waldbrand in Israel 2010:
http://de.wikipedia.org/wiki/Waldbrand_in_Israel_2010

Karmel-Gebirge:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karmel_%28Gebirge%29

UFZ-Experten zu Biodiversität und Klimawandel:
http://www.ufz.de/index.php?de=19771

Klima-Blog des UFZ:
http://blog.ufz.de/klimawandel

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 16 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).