Pressemitteilung vom 1. Dezember 2011

Kosten der Klimaanpassung im Wasserbereich bisher unsicher

Sachsen-Anhalts Wasserversorger sollten ihre Leitungen nicht verkleinern

Halle/Leipzig. Der Klimawandel spielt bei den Planungen der Wasserversorger in Sachsen-Anhalt noch eine untergeordnete Rolle. Stattdessen steht bislang die Anpassung an die durch den Bevölkerungsrückgang und das veränderte Verbrauchsverhalten rückläufige Wassernachfrage im Mittelpunkt der Überlegungen. Insgesamt seien die Anpassungskosten im Wasserbereich auf Grundlage der bestehenden Datenlage nur schwer abzuschätzen, schreiben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung im Fachblatt "Wasser und Abfall". Wirtschaft und Wissenschaft sollten sich stärker mit dem Thema befassen, so das Resümee der Studie, die in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe "Klimawandel" des Landes Sachsen-Anhalt entstand.

Die Rappbodetalsperre ist die größte Trinkwassertalsperre im Harz

Die Rappbodetalsperre ist die größte Trinkwassertalsperre im Harz. Von hier aus werden Städte wie Aschersleben, Halberstadt, Bernburg (Saale), Halle (Saale) oder Leipzig mit Trinkwasser versorgt. Höhere Wassertemperaturen in den Leitungssystemen sowie eine Zunahme von Schadstoffkonzentrationen durch zusätzliche Einträge oder durch geringere Wassermengen können die Wasseraufbereitung künftig verteuern, so die UFZ-Forscher in ihrer Studie.
Foto: André Künzelmann/UFZ

Seit der Wende hat sich der Trinkwasserverbrauch in Sachsen-Anhalt auf ein Drittel verringert, weil die Bevölkerung um eine halbe Million gesunken ist, aus Kostengründen mehr Wasser eingespart wird und durch die Modernisierung des Leitungsnetzes weniger Verluste entstehen. Aus Sicht der Umweltökonomen steht einer entsprechenden Anpassung des Leitungsnetzes durch die Wasserversorger jedoch der anhaltend hohe Wasserbedarf in den Sommermonaten entgegen. "Eine wesentliche Anpassungsmaßnahme besteht demnach darin, die Re-Dimensionierung der Leitungen zu unterlassen, auch wenn diese jetzt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dem veränderten Verbrauchsverhalten sinnvoll erscheint. Denn in Zukunft ist durch die trockeneren Sommer mit häufiger auftretenden und länger andauernden Nachfragespitzen zu rechnen", so Prof. Bernd Hansjürgens vom UFZ und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die nicht eingesparten Absetzungen für Abnutzungen könnten daher als Anpassungskosten an den Klimawandel interpretiert werden.

Die Einschätzungen der Studie basieren auf Klimaprojektionen, die erwarten, dass bis zum Ende des Jahrhunderts die durchschnittlichen Temperatur um zwei bis drei Grad ansteigt und sowohl die Häufigkeit von heißen Tagen (≥ 30°C) als auch von Hitzewellen zunimmt, so der Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros Dr. Andreas Marx. Im Sommer können die Niederschläge dann um ein Fünftel abnehmen. "Da große Gebiete Sachsen-Anhalts schon heute zu den trockensten Regionen Deutschlands zählen, kann trotz der bestehenden Unsicherheiten für Teile des Landes in den Sommermonaten mit einer Verschärfung der Versorgungssituation gerechnet werden", ergänzt der Ökonom Oliver Gebhardt vom UFZ. Höhere Wassertemperaturen in den Leitungssystemen sowie eine Zunahme von Schadstoffkonzentrationen durch zusätzliche Einträge oder durch geringere Wassermengen können die Wasseraufbereitung künftig verteuern.

Untersucht wurden in der Studie auch Anpassungskosten im Bereich Hochwasserschutz. Anders als in Bayern und Baden-Württemberg werden in Sachsen-Anhalt keine Annahmen über die klimawandelbedingte Veränderung der Hochwassergefahrenlage in den Planungen berücksichtigt. Dies wird u.a. damit begründet, dass die Datenlage zu unsicher sei, um bei der Ermittlung hydrologischer und wasserbaulicher Bemessungsgrundlagen die Nutzung von Klimazuschlägen zu rechtfertigen. Die bestehenden Hochwasserschutzpläne würden jedoch regelmäßig angepasst und geeignete Vorsorgemaßnahmen, wie Deichrückverlegungen oder die Einrichtung von Rückhaltebecken, durchgeführt. Vor diesem Hintergrund konnten die Wissenschaftler des UFZ aktuell keine klimabedingten Anpassungskosten für den Hochwasserschutz in Sachsen-Anhalt ermitteln.
Tilo Arnhold

Mit seiner Expertise trägt das UFZ dazu bei, die Folgen des Klimawandels zu erforschen und Anpassungsstrategien zu entwickeln. So ist das UFZ beispielsweise für die wissenschaftliche Begleitung, Koordination und Synthese (GLUES) im Modul A des BMBF-Förderschwerpunktes "Nachhaltiges Landmanagement" zuständig, das auf der UN-Klimakonferenz Ende November in Durban vorgestellt wird. Über den Stand der Verhandlungen wird aus Durban der Klimaökonom Prof. Reimund Schwarze für das UFZ und CSC berichten (blog.ufz.de/klimawandel).

Publikation

Oliver Gebhardt und Bernd Hansjürgens (2011):
Kosten der Klimaanpassung im Wasserbereich. Ein Bottom-up-Ansatz am Beispiel Sachsen-Anhalts. Wasser und Abfall 13 (7-8), 14 - 18

Weitere Informationen

Prof. Bernd Hansjürgens/ Oliver Gebhardt
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341 235 1233, -1477
Prof. Bernd Hansjürgens
Oliver Gebhardt

Dr. Andreas Marx
Mitteldeutsches Klimabüro am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341 235 1074
Dr. Andreas Marx

Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341 235 1635
www.ufz.de/index.php?de=640

Links

Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben "Innovative Ansätze der ökonomischen Anpassungsforschung mit Bezug zu Sachsen-Anhalt"(Gefördert durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt)
download Abschlussbericht

Mitteldeutsches Klimabüro
www.ufz.de/index.php?de=17016

Helmholtz-Klimainitiative REKLIM (Regionale Klimaänderungen)
www.reklim.de/de/

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg ungefähr 1.000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).