Pressemitteilung vom 28. Juni 2012

Bessere Modelle für sichere Entscheidungen

Leipzig. Zur in diesem Jahr größten Konferenz der Umweltsystem-Modellierer werden vom 1. bis 5. Juli über 400 Experten aus 30 Ländern am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erwartet. Die „iEMSs” (International Congress on Environmental Modelling and Software) findet alle zwei Jahre statt und deckt die ganze Bandbreite der Umweltwissenschaften ab. Ziel des Treffens ist es, das Verständnis für Prozesse in der Umwelt zu verbessern, um Entscheidungen leichter zu treffen zu können. Dazu sollen die Diskussion und der Austausch von Ideen, neuen Methoden und Techniken beitragen.

Nomaden mit ihrer Herde im Hochtal Taoujgalt des Hohen-Atlas-Gebirges im Marokko

Nomaden mit ihrer Herde im Hochtal Taoujgalt des Hohen-Atlas-Gebirges im Marokko. Die Wissenschaftler haben hier die Wechselwirkungen bei der Bewirtschaftung von Weideland mit Hilfe von Modellen untersucht.
Foto: Romina Drees/UFZ

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Alexey Voinov, Präsident der iEMSs (international Environmental Modelling & Software Society)

Alexey Voinov, Präsident der iEMSs (international Environmental Modelling & Software Society)
Foto: Klaus-Dieter Sonntag/UFZ

Ralf Seppelt, Convenor der iEMSs

Ralf Seppelt, Convenor der iEMSs(international Environmental Modelling & Software Society)
Foto: Klaus-Dieter Sonntag/UFZ

Konferenzbesucher der iEMSs(international Environmental Modelling & Software Society)

Die iEMSs ist in diesem Jahr die größte Konferenz der Umweltsystem-Modellierer. Zur Konferenz vom 1. bis 5. Juli kamen über 400 Experten aus 30 Ländern.
Foto: Klaus-Dieter Sonntag/UFZ

Lizenz: CC BY 3.0

„In fast allen unseren Entscheidungen machen wir uns mit Vereinfachungen ein modellhaftes Verständnis unserer Umwelt zu nutze. Aber jedes Modell, auch das komplexeste Simulationssystem, enthält Unsicherheiten“, erläutert Prof. Ralf Seppelt vom UFZ. „Wie können wir diese Unsicherheiten verringern und mit ihnen so umgehen, dass wir die natürlichen Ressourcen verantwortungsvoll managen? Wir werden nicht nur bessere Modelle sondern auch einen verbesserten Zugang zu Daten und Informationen benötigen.“ So der Ausblick des Mathematikers, Agrarökologen und Systemanalytikers, der auch zur nachhaltigen Landnutzung forscht. Der Rückgang der Umweltressourcen und damit der Ökosystem-Dienstleistungen, die unsere Umwelt zur Verfügung stellt, sind letztlich die Folge des schlechten Managements eines komplexen Systems wie unserem Planeten Erde.

Das inhaltliche Spektrum der iEMSs-Konferenz ist umfangreich. Eines der Themen sind Interaktionen zwischen sozialen Systemen und Umweltsystemen. Ein Thema, das immer mehr auch in der Modellierung Einzug hält, seitdem Elinor Ostrom 2009 den Wirtshchafts-Nobelpreis erhalten hat. Im Kern geht es darum, dass bei allen modellgestützten Analysen berücksichtigt wird, wie die Menschen auf veränderte Umweltbedingungen reagieren und wie dies wiederum Rückwirkungen auf die Umwelt hat. Das Zeitalter des Anthropozäns ist vom Handeln des Menschen geprägt und der Mensch ist direkt oder indirekt zu einem entscheidenden Umweltfaktor geworden, der aber immer noch schwer vorhersagbar ist. Damit beschäftigen sich unter anderem auch zwei Arbeiten, deren Autoren sich um die Nachwuchswissenschaftlerpreise der Konferenz beworben haben: Ifigeneia Koutiva und Christos Makropoulos von der Nationalen Technischen Universität Athens haben untersucht, wie sich die Nutzung von Wasser in urbanen Räumen mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten bei den Akteuren in der Stadt durchsetzt. Romina Drees und ihre Kolleginnen vom UFZ sowie der Universität Köln zeigten dagegen in ihrem Modell, wie man über ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen die Bewirtschaftung von Weideland so betreiben kann, dass auf Klima-Ereignisse richtig und nachhaltig reagiert wird. „Trockenheit allein gefährdet nicht die Existenz der von der Viehhaltung lebenden Nomadenvölker in den Trockengürteln Afrikas oder Zentralasiens“, berichtet Romina Drees vom UFZ über die Ergebnisse. „Das Bevölkerungswachstum oder die eingeschränkte Mobilität verschärfen das Risiko für diese Menschen. Es ist also irreführend, dem Klimawandel allein die Verantwortung zu geben für eine Situation, die sich durch angemessenen Zugang zu Weiden und Märkten mildern ließe.“

Wissenschaftler sind heute dank moderner Kommunikationsmittel weltweit untereinander im Kontakt. „Aber wir wissen auch, dass virtuelle Kommunikation echte menschliche Kontakte nicht ersetzen kann. Umso wichtiger ist es, aller zwei Jahre die Gesichter hinter den E-Mail-Adressen zu sehen und ins reale Gespräch zu kommen“, erklärt Dr. Alexey Voinov, Präsident der iEMSs. Die Tagung wird so umweltfreundlich wie möglich organisiert: Entstandene Kohlendioxidemissionen werden durch Renaturierung von Mooren in Mecklenburg-Vorpommern kompensiert (www.moorfutures.de), Papier wurde auf ein Minimum beschränkt und statt der sonst üblichen Konferenztaschen und anderer Werbegeschenke unterstützt die iEMSs Projekte des gemeinnützigen Vereins „GEO schützt den Regenwald e.V.“ (www.regenwald.de), der sich für den Erhalt von tropischen und subtropischen Wäldern weltweit einsetzt. Außergewöhnlich ist auch die Verpflegung. Alle Konferenzteilnehmer erhalten ausschließlich vegetarisches Essen, da dieses wesentlich weniger CO2-Emissionen verursacht als Fleischgerichte. „Auch für uns ist dies ein Experiment. Es liegt uns aber am Herzen, nicht nur für den Umweltschutz zu forschen, sondern die nachhaltige Nutzung von Ressourcen konkret und lokal umzusetzen“, erklärt Konferenzorganisatorin Dagmar Bankamp vom UFZ.

Über die Tagungsräume hinaus geht auch eine weitere Initiative: Die Stadtwerke Leipzig und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung zeigen gemeinsam am Montag, dem 2. Juli 2012, in den Passagekinos den Kinofilm „Earth 2100“ des Produzenten Michael Bicks. Darin wird in englischer Sprache die denkbare Klimaentwicklung bis zur nächsten Jahrhundertwende im schlechtesten wie im günstigsten Fall dargestellt. Anschließend gibt es ein Skype-Interview mit Bicks und es besteht die Möglichkeit zur Diskussion mit Professor Ralf Seppelt vom UFZ und Dr. Winfried Damm, dem Generalbevollmächtigten der Stadtwerke. Eine begrenzte Anzahl an Karten ist kostenfrei erhältlich durch Voranmeldung bei susen.heining@swl.de oder unter 0341-121-3318. Die reservierten Karten können dann an der Kinokasse abgeholt werden.

Weitere Informationen

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Prof. Dr. Ralf Seppelt
Prof. Dr. Ralf Seppelt
Telefon: 0341-235-1250

Dagmar Bankamp
Dagmar Bankamp
Telefon: 0341-235-1891
(Während der Konferenz vom 1.-5.7.12 erreichen Sie beide nur über das Konferenzbüro 0341-235-2264.)

Romina Drees
Tel.: 0341-235-1723
Romina Drees

oder

Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635

Links

Film “Earth 2100”
http://abcnews.go.com/Technology/Earth2100

DFG-Sonderforschungsbereich “Wechselwirkungen zwischen nomadischen und sesshaften Lebensformen in Zivilisationen der Alten Welt“
www.nomadsed.de/home/

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 1.000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 31.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).