Pressemitteilung vom 15. September 2015

Europas Umweltchemiker treffen sich in Leipzig

Über 500 Teilnehmende erwartet

Leipzig. Umweltchemikerinnen und -chemiker treffen sich zu ihrer größten europäischen Tagung vom 20. bis 24. September 2015 in Leipzig. Zur „International Conference on Chemistry and the Environment“, kurz ICCE, werden etwa 500 Teilnehmende aus rund 50 Ländern erwartet. Das umfangreiche wissenschaftliche Programm wird als wichtige Kommunikationsplattform zwischen verschiedenen Fachrichtungen der Umweltwissenschaften gesehen. In den mehr als 130 Vorträgen, unzähligen Diskussionen und einer Fachausstellung geht es um aktuelle Entwicklungen in der (Umwelt)-Toxikologie, der Analytischen Chemie, der Mikrobiologie und den Geowissenschaften.

Chemikalien in der Umwelt. Foto: André Künzelmann/UFZ

Chemikalien in der Umwelt.
Foto: André Künzelmann/UFZ

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Organisatoren der ICCE 2015 sind zwei Leipziger Forschungseinrichtungen – das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) – sowie die Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). „Nach Stockholm (2009), Zürich (2011) und Barcelona (2013) ist es für uns eine besondere Ehre, Gastgeber der ICCE 2015 zu sein“, betont Conference Chairman Prof. Dr. Thorsten Reemtsma, der am UFZ das Department Analytik leitet. Eröffnet wird die Tagung von der Rektorin der Universität Leipzig, Prof. Beate Schücking, dem Wissenschaftlichen Geschäftsführer des UFZ, Prof. Dr. Georg Teutsch, und dem Bürgermeister der Stadt Leipzig, Heiko Rosenthal.

Das wissenschaftliche Programm, das den Teilnehmern aus aller Welt geboten wird, ist exzellent und vielseitig. Die sogenannten Satelliten-Events am ersten Tag widmen sich wissenschaftlich und gesellschaftlich brisanten Themen. Diskutiert werden unter anderem wissenschaftliche Aspekte der Nutzung unkonventioneller Öl- und Gasvorkommen (Fracking), Strategien und Tools zur Identifizierung prioritärer Schadstoffe in der Umwelt oder auch der Umgang mit Elektronikschrott und dessen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit.
Die Themen der Hauptsessions an den Folgetagen nehmen das Auftreten, das Verhalten und den Verbleib von Umweltchemikalien in allen drei Umweltkompartimenten – Wasser, Boden, Luft – in den Fokus. So geht es etwa um das Verhalten neuartiger Schadstoffe, die Charakterisierung und das Risikomanagement von Nanopartikeln, die Qualität und Behandlung von Abwasser oder um den Nachweis und den Umgang mit Mikroplastik (siehe Konferenzprogramm www.icce2015.org/assets/program_icce2015.pdf).

Drei Beispiele aus dem UFZ

UFZ-Chemiker stellen beispielsweise ein neues Verfahren vor, das es ermöglichen wird, in einem automatisierten Prozess mittels Flüssigchromatographie und anschließender hochauflösender Massenspektrometrie (LC‐HRMS) innerhalb kurzer Zeit das Umweltverhalten verschiedenster Chemikalien zu testen. Als Beispielsubstanz dient ihnen das Antiepileptikum „Carbamazepin“, das in sehr hohen Konzentrationen in der Umwelt vorkommt, weil es biologisch kaum abgebaut wird. Unter dem Einfluss von Licht entstehen daraus andere Substanzen, über deren Wirkung auf Organismen in Gewässern noch wenig bekannt ist. Deshalb wird daran gearbeitet, Methoden für ein systematisches Screening von anthropogenen Spurenstoffen zu entwickeln. Ziel ist es, die Reaktionsprodukte von möglichst vielen Umweltchemikalien zu untersuchen, um dann die Modelle und später die Vorhersagen zu den Wirkungen verbessern zu können. Durch die wachsende Anzahl an anthropogenen Substanzen in der Umwelt ist es wichtig, diese Untersuchungen zu automatisieren, um sie zu beschleunigen.

Eine Substanz, über die aktuell in der Öffentlichkeit heftig diskutiert wird, ist Glyphosat. Das Pestizid ist Bestandteil von häufig verwendeten Pflanzenschutzmitteln, die weltweit zur Unkrautbekämpfung und Erntereifung eingesetzt werden. In letzter Zeit häufen sich jedoch Hinweise und Berichte, dass Glyphosat oder seine Transformationsprodukte krebserregend seien. Zwischen Industrie, Lobbygruppen, Nichtregierungsorganisationen, Politik und Behörden ist daher ein Streit ausgebrochen, ob diese Substanz verboten oder ihre Verwendung zumindest eingeschränkt werden sollte. Für die Risikobewertung von solchen Pestiziden ist es auch wichtig zu wissen, wie sich ihre Rückstände verhalten und ob diese über den Boden in die Nutzpflanzen und später in die Lebensmittel gelangen können. Umweltchemiker und Mikrobiologen des UFZ und der RWTH Aachen haben daher diese Prozesse näher untersucht. Bei Laborversuchen mit markiertem Glyphosat zeigte sich, dass diese Verbindung zwar im Wasser nach 40 Tagen komplett durch Bakterien abgebaut wurde, deren Metabolite und Rückstände aber auch danach noch in den Sedimenten der Gewässer zu finden sind.

Bei der Diskussion um Risiken für Umwelt und Gesundheit geht es auch um die Substanzgruppe der Nanopartikel. Diese Partikel, die kleiner als 100 Nanometer sind, versprechen eine Reihe neuer, interessanter Anwendungen und damit Chancen für die Industrie. Nanotechnologien gelten als ein Wachstumsmarkt der Zukunft. In der Diskussion um die Risiken dieser noch recht jungen Technologie melden sich Ökotoxikologen des UFZ nun mit einem Konferenzbeitrag zu Wort. Dabei verweisen sie darauf, dass Nanomaterialien als eine Art „Trojanisches Pferd“ agieren können, das potenziell schädliche Chemikalien in Organismen einschleust. Daher ist es wichtig, die Kombinationseffekte von Nanomaterialien und Chemikalien besser zu untersuchen, um zu verstehen, wie und für welche Gemische es zu erhöhter Toxizität und Bioakkumulation kommen kann.

Die ICCE findet alle zwei Jahre unter dem Dach der European Association of Chemical and Molecular Sciences (EuCheMS) statt, einem Zusammenschluss der wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Verbände aus dem Bereich der Chemie. Ihr gehören etwa 45 Gesellschaften aus über 30 europäischen Ländern an, die insgesamt über 150.000 Chemikerinnen und Chemiker in ganz Europa repräsentieren.

Konferenz:

„15. EuCheMS International Conference on Chemistry and the Environment“ (ICCE), 20.- 24. September 2015 in Leipzig
www.icce2015.org/index.html

Konferenzprogramm im Detail:
www.icce2015.org/assets/program_icce2015.pdf

Hinweis für Journalistinnen und Journalisten:
Wenn Sie an einzelnen Vorträgen teilnehmen möchten, bitte ich Sie um Anmeldung und Rücksprache via presse@ufz.de oder 0341-235-1630. Vielen Dank. Susanne Hufe

Weitere Informationen:

zur Konferenz:
Prof. Dr. Thorsten Reemtsma
Leiter UFZ-Department Analytik und ICCE-Chairman 2015
Tel.: +49 (0)341-235-1261
Prof. Dr. Thorsten Reemtsma

zum Thema automatisierte Analysen:
Dr. Bettina Seiwert
UFZ-Department Analytik
Tel.: +49 (0)341-235-1394
Dr. Bettina Seiwert

zum Thema Pestizide im Boden:
Prof. Dr. Matthias Kästner
Leiter UFZ-Department Umweltbiotechnologie
Tel.: +49 (0)341-235-1235
Prof. Dr. Matthias Kästner

zum Thema Nanopartikel:
Dr. Dana Kühnel
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Tel.: +49 (0)341-235-1515
Dr. Dana Kühnel

oder über

Susanne Hufe (UFZ-Pressestelle)
Telefon: +49-(0)341-235-1635, -1630

Weiterführende Links

UFZ-IP “Umweltverhalten von Chemikalien”
www.ufz.de/index.php?de=32298

UFZ-Spezial “Chemikalien in der Umwelt”
www.ufz.de/index.php?de=30896

European Association of Chemical and Molecular Sciences (EuCheMS)
www.euchems.eu

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 1.100 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 36.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).