Pressemitteilung vom 20. Oktober 2014

Zwischen Rot- und Blaulicht: Leipziger Forscher entdecken neue Funktionsweise molekularer Lichtschalter

Kieselalgen spielen für die Wasserqualität und für das Weltklima eine wichtige Rolle. Sie erzeugen einen großen Teil des Sauerstoffs in der Erdatmosphäre und bewerkstelligen etwa ein Viertel der globalen CO2-Assimilation, wandeln also Kohlenstoffdioxid in organische Stoffe um. Ein entschiedener Faktor dabei sind ihre Lichtrezeptoren. Forscher der Universität Leipzig und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) haben nun herausgefunden, dass die Art des Lichts den Kohlenstofffluss in den Algen steuert. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler kürzlich in der renommierten Online-Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

Kieselalgen (<i>Phaeodactylum-tricornutum</i>), Quelle: Uni Leipzig

Kieselalgen (Phaeodactylum-tricornutum), Quelle: Uni Leipzig

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„Kieselalgen zeigen eine besondere Art, auf Licht zu reagieren und ihren Stoffwechsel den wechselnden Lichtbedingungen im Wasser anzupassen“, sagt Prof. Dr. Christian Wilhelm, Leiter der Abteilung Pflanzenphysiologie an der Universität Leipzig. „Wir konnten nun erstmals zeigen, dass Lichtrezeptoren, die die Intensität des blauen oder des roten Lichts messen können, nicht nur die Gentranskription verändern, sondern direkt die Aktivität von Enzymen im Stoffwechsel steuern.“ Ein rascher Lichtwechsel von Blau- zu Rotlicht und umgekehrt beeinflusse zwar nicht die Photosynthese-Leistung, der Stoffwechsel werde aber innerhalb von 15 Minuten drastisch umgesteuert. „So können im Rotlicht gewachsene Zellen, die in einem blauen Lichtmilieu weiter kultiviert werden, zwar noch immer Photosynthese treiben, aber nicht mehr wachsen.“

Diese „Lichtschalter“ könne man nun benutzen, um den Kohlenstofffluss in Zellen zu steuern. Der Nachweis dafür gelang mittels der am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung etablierten Metabolomplattform MetaPro. „Es eröffnen sich damit neue Wege für die biotechnologische Steuerung von Zellen“, erklärt Christian Wilhelm.

„Diese Arbeit ist ein weiterer Beleg für den Mehrwert von intensiven Kooperationen zwischen außeruniversitären und universitären Einrichtungen, insbesondere mit der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie“ freut sich Prof. Martin von Bergen, Sprecher des Departments Metabolomics am UFZ und einer der Mitautoren.

Die Leipziger Algenexperten der Pflanzenphysiologie an der Universität Leipzig hatten vor zwei Jahren bereits mit einer anderen Publikation auf sich aufmerksam gemacht: Zusammen mit Wissenschaftlern aus Karlsruhe und Bremen erbrachten sie den Beweis, dass sich Sonnenlicht mithilfe von Mikroorganismen hocheffizient in reines Erdgas umwandeln lässt. Dabei wird der Stoffwechsel von Grünalgen umgelenkt.

Die Veröffentlichung zu den Kieselalgen:

DOI: 10.1371/journal.pone.0099727
The Acclimation of Phaeodactylum tricornutum to Blue and Red Light Does Not Influence the Photosynthetic Light Reaction but Strongly Disturbs the Carbon Allocation Pattern

Die Veröffentlichung zu den Grünalgen:

DOI: 10.1016/j.biortech.2012.06.120
Methane production from glycolate excreting algae as a new concept in the production of biofuels

Kontakte:

Prof. Dr. Christian Wilhelm
Institut für Biologie, Pflanzenphysiologie
Tel.: 0341-97-36874
cwilhelm@rz.uni-leipzig.de
http://www.uni-leipzig.de/~pflaphys/

Prof. Dr. Martin von Bergen, Dr. Sven Baumann
Department für Metabolomics am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Tel.: 0341-235-1211, -1099
http://www.ufz.de/index.php?de=17634
http://www.ufz.de/index.php?de=18274

oder über

Susanne Hufe, Tilo Arnhold
Pressestelle des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1635, -1630

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 1.100 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 36.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).