Pressemitteilung vom 18. Oktober 2012

Europaweites Beobachtungsnetz für transgene Pflanzen notwendig

Forscherteam veröffentlicht Vorschlag im Open-Access-Journal „BioRisk“.


Müncheberg/ Halle/Saale. Ein internationales Forscherteam hat die Einrichtung eines europaweiten Monitoring-Netzwerkes vorgeschlagen, damit die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Organismen künftig besser abgeschätzt werden können. Ein solches Netzwerk würde die jetzigen Umweltrisikoprüfungen und die Umweltbeobachtung nach der Markteinführung harmonisieren und zuverlässiger machen, schreiben 38 europäische Forscher im Open-Access-Journal „BioRisk“. Ein solches Netzwerk werde nicht nur für die Beurteilung der Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen dringend gebraucht, sondern könne auch für andere Fragen der Agrarpolitik, die eine wissenschaftlich begründete EU-weite Aufsicht erfordern, von großem Nutzen sein.


GMO-Mais GMO-Maisfeld zwischen Timisoara (Temeswar) und Sannicolau Mare in Rumänien. Das Flachland des Banats wird seit Jahrhunderten landwirtschaftlich genutzt - seit einigen Jahren im rumänischen Teil auch für Feldversuche mit GMO-Pflanzen. (Die Schilder wurden aus Datenschutzgründen unkenntlich gemacht.)
Foto: Tilo Arnhold/UFZ
In Europa gibt es ernste Bedenken über negative Umweltauswirkungen transgener Pflanzen. Kritiker bezweifeln, ob die EU-Vorschriften und insbesondere deren Umsetzung das öffentliche Interesse angemessen schützen oder ob sie nicht vielmehr eine weniger nachhaltige Landwirtschaft unterstützen. Die Meinungen zu den Ergebnissen der Umweltrisikoprüfungen unterscheiden sich stark. Gemäß der EU-Richtlinie 2001/18/EG müssen gentechnisch veränderte Pflanzen vor der Markteinführung Feldtests in den Ökosystemen durchlaufen, die von ihnen beeinflusst werden könnten. Die Sicherheitstests und Studien zur Einführung dieser transgener Organismen gelten unter den jetzigen Rahmenbedingungen als unzureichend entwickelt.

Die Wissenschaftlergruppe zielt daher auf eine Verbesserung des Zulassungsverfahren. Dazu schlagen Sie ein europaweites Netzwerk für die systematische Beurteilung der Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen vor (Europe-wide network for systematic GMO impact assessment / ENSyGMO).
Elemente des vorgeschlagenen Netzwerks sind a) Methoden sowohl für die Auswahl von Indikatoren und Untersuchungsflächen für Umweltrisikoprüfungen und -beobachtung der Auswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen, b) eine EU-weite Typologie der Agrarumwelt, c) ein europaweites Netzwerk von Untersuchungsflächen für transgene Pflanzen, d) spezifische Hypothesen zu Umwelteffekten von transgenen Pflanzen und e) modernere Verfahren zu Probenahme, statistischer Auswertung und Modellierung. Wichtig ist aus Sicht der Wissenschaftler auch das Einbeziehen von Akteuren aus verschiedenen Bereichen, um die Bedenken der Öffentlichkeit ernst zu nehmen und Vertrauen in die Ergebnisse des Netzwerkes zu schaffen.

"Das ist jedoch weder ein Allheilmittel für die Bewältigung von Konflikten, noch kann es die Antworten auf alle Unsicherheiten geben, die mit transgener Landwirtschaft verbunden sind. Aber das vorgeschlagene Netzwerk könnte eine langfristige, wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Umweltrisikoprüfungen von gentechnisch veränderten Pflanzen und für das langfristige Monitoring in der EU schaffen", erläutert Dr. Frieder Graef vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), der Koordinator der Initiative ist. Und sein Kollege PD Dr. Klaus Henle vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) ergänzt: „Das Netzwerk wäre nicht nur für die Abschätzung möglicher Folgen des Anbaus transgener Pflanzen nutzbar, sondern auch für die Beurteilung und Überwachung der Umsetzung, Wirkung und Nachhaltigkeit der EU-Politik sowie für die Auswirkungen von anderen landwirtschaftlichen Technologien und Innovationen wie synthetische Düngemittel, Ernte-Systeme, Pflanzenschutzmittel und die Produktion von Bioenergiepflanzen.“ Insbesondere die Umweltverträglichkeitsprüfungen von Pflanzenschutzmitteln, die gegenwärtig überarbeitet werden, könnten dadurch verbessert werden.
Tilo Arnhold


Publikation:

Graef F, Römbke J, Binimelis R, Myhr AI, Hilbeck A, Breckling B, Dalgaard T, Stachow U, Catacora-Vargas G, Bøhn T, Quist D, Darvas B, Dudel G, Oehen B, Meyer H, Henle K, Wynne B, Metzger MJ, Knäbe S, Settele J, Székács A, Wurbs A, Bernard J, Murphy-Bokern D, Buiatti M, Giovannetti M, Debeljak M, Andersen E, Paetz A, Dzeroski S, Tappeser B, van Gestel CAM, Wosniok W, Séralini G-E, Aslaksen I, Pesch R, Maly S, Werner A (2012): A framework for a European network for a systematic environmental impact assessment of genetically modified organisms (GMO). BioRisk 7: 73–97. doi: 10.3897/biorisk.7.1969

http://www.pensoft.net/journals/biorisk/

Die Untersuchungen wurden vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg unterstützt.


Weitere Informationen:

Dr. Frieder Graef

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

Telefon: 033432-82-162

http://www.zalf.de/de/forschung/institute/lse/mitarbeiter/graef/Seiten/default.aspx

sowie u.a.

PD Dr. Klaus Henle

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)

Telefon: 0341-235-1270

http://www.ufz.de/index.php?de=1868

oder über

Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)

Telefon: 0341-235-1635

http://www.ufz.de/index.php?de=640


Weiterführende Links:

EU-Regelungen zu GMO:

http://ec.europa.eu/food/plant/gmo/index_en.htm

http://ec.europa.eu/food/plant/gmo/authorisation/index_en.htm

http://ec.europa.eu/food/plant/gmo/monitoring/index_en.htm

sowie

http://www.bfn.de/0301_gentechnik.html

http://www.bfn.de/0301_risiko.html


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 1.000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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