Schwerpunktthema August 2011

Wasser und Landnutzung

Noch in diesem Jahr wird die Weltbevölkerung die 7 Milliarden Grenze übersteigen. Insbesondere in den Schwellenländern wie China und Indien nimmt der Lebensstandard deutlich zu. Diese beiden Tendenzen führen zu einem höheren Ressourcenbedarf und somit zu einer steigenden Konkurrenz um wichtige Ressourcen, wie um land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen, um Lebensmittel und natürlich um Wasser. Zwar gibt es global gesehen genug Wasser, aber der überwiegende Teil ist Meereswasser und durch den hohen Salzgehalt ist es nicht oder nur mit hohem energetischen Aufwand nutzbar. Darüber hinaus sind die Wasserressourcen auf der Erde nicht gleichmäßig verteilt. In vielen Regionen ist das nutzbare Wasser schon heute limitierend für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und wichtiger Wirtschaftszweige wie der Landwirtschaft.

Wassernutzung und Landwirtschaft

Bewässerungsanlage in ariden Gebiet

Die Landwirtschaft verbraucht etwa zwei Drittel des global genutzten Wassers. Das ist fast doppelt soviel Wasser wie die Industrie und Haushalte zusammen verbrauchen.
Foto: André Künzelmann/UFZ

Etwa zwei Drittel des global genutzten Wassers entfällt auf den landwirtschaftlichen Sektor. Die Industrie und die Haushalte spielen mit ungefähr 30 Prozent nicht die dominierende Rolle. Zwar gibt es regional große Unterschiede in der Verteilung des Wasserverbrauchs, aber weltweit ist die Landwirtschaft der Hauptnutzer. Das bedeutet, die Zunahme der landwirtschaftlichen Nutzfläche wie auch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Flächennutzung führt zu einem Anstieg des Wasserbedarfs. Neue Kulturpflanzensorten sowie die Weiterzüchtung bestehender Kulturpflanzen führen gleichfalls zu einem höheren Wasserbedarf. Hinzu kommt, dass die bereits schon sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels die Wasserverfügbarkeit für die Landwirtschaft komplizierter werden lässt. Trockenphasen auf der einen Seite und Starkregenereignisse auf der anderen Seite nehmen zu. Die Landwirtschaft reagiert darauf, indem stärker bewässert wird. Global hat nach Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) von 1961 bis 2009 die landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt nur um 12 Prozent zugenommen, die bewässerte Fläche aber um 117 Prozent. Diese wenigen Fakten zeigen, dass die Landwirtschaft und die Intensivierung der Landnutzung einen ganz erheblichen Einfluss auf den Wasserbedarf haben.

Landnutzung und Qualität der Wasserressourcen

Maisanbau

Die Energieproduktion durch Kulturpflanzen ist durch einen sehr hohen Wasserverbrauch gekennzeichnet. Im Vergleich zu Kohle, Erdgas oder Rohöl, ist - um die gleiche Menge an Energie aus Biomasse zu erzeugen - das 24 bis 140fache an Wasser notwendig. Derzeit ist Mais in Deutschland eine der wichtigsten Pflanzen zur Erzeugung von Bioenergie über die Biogasanlagen.
Foto: Dr. Stefan Klotz/UFZ

Die globalen Landnutzungsveränderungen haben nicht nur einen größeren Wasserbedarf zur Folge sondern beeinflussen auch stark die Qualität des zur Verfügung stehenden Wassers. Global werden heute zwischen 110 und 120 Terragramm Stickstoff (das entspricht etwa 4,5 Millionen Lastwagenladungen) in Form von Mineraldüngern ausgebracht, 1960 waren es nur etwas mehr als 10 Terragramm. Die Nutzung von Mineraldünger hat also gewaltig zugenommen. Die Kulturpflanzen können jedoch nicht allen Stickstoff nutzen und in Biomasse umsetzen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes gibt es heute in Deutschland einen Stickstoffüberschuss (von den Pflanzen nicht verwerteter Stickstoff) von mehr als 100 Kilogramm pro Hektar und Jahr. Dieser Überschuss lag 1960 noch bei weniger als 60 Kilogramm pro Hektar und Jahr. Ein großer Teil dieses Stickstoffs geht als Nitrat in die Grund- und Oberflächengewässer und schädigt dadurch unsere Wasserressourcen ganz erheblich. Ähnlich sieht es mit der Pestizidbelastung aus. Die Pestizidmengen, die ausgebracht werden, sind global extrem stark gestiegen. Pestizidrückstände sind im Grund- und Oberflächenwasser zu finden. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) genannten Grenzwerte werden global häufig überschritten. Die verfügbare Wasserqualität ist somit auf das engste mit der Art und Intensität der Landnutzung verknüpft.

Der "Wasser-Fußabdruck" von Primärenergieträgern

Die Grafik 1 zeigt an, wie viel Wasser verbraucht wird, um eine bestimmte Menge an Energie zu produzieren (gemessen in Gigajoule GJ; 1 Gigajoule entspricht ungefähr der Menge an Energie, die in 26,5 Litern Öl enthalten ist). Die Grafik zeigt, dass zur Herstellung von Energie aus Biomasse relativ viel Wasser benötigt wird. 1 Kubikmeter Wasser sind 1.000 Liter.

Der Wasser-Fußabdruck von Primärenergieträgern

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nach: Gerbens-Leenes, W., Hoekstra, A. Y., van der Meer, T. H. (2009): The water footprint of energy ... Ecological Economics, 68 (4). 1052-1060

Zunehmend produziert die Landwirtschaft heute nicht nur Lebensmittel sondern auch Biomasse zur energetischen Verwertung. Global und auch national haben die Flächen zur Produktion von Biomasse erheblich zugenommen. Diese zusätzliche Biomasseproduktion hat natürlich Konsequenzen für den Wasserbedarf. Während bisher der Wasserbedarf für die Energieproduktion relativ gering war, wird dieser in Zukunft durch die wachsende Bedeutung der Bioenergie gewaltig steigen. Der Wasserbedarf für die Produktion von einem Gigajoule Energie ist bei den klassischen Primärenergieträgern wie Kohle, Erdgas und Rohöl noch relativ gering und schwankt zwischen 0,1 und 1,1 Kubikmetern Wasser pro Gigajoule. Wird Biomasse für die Erzeugung der gleichen Menge Energie verwendet, steigt der Wasserbedarf um das 24 bis 140fache. Die scheinbar umweltfreundliche Energieproduktion durch Biomasse entpuppt sich bei dieser Betrachtung als riesiges Umweltproblem - nicht nur was die Belastung der Umwelt mit Mineraldüngern und Pestiziden betrifft, sondern auch was den Wasserverbrauch angeht. Besonders kritisch ist die Situation in den tropischen sowie in semiariden und ariden Gebieten.

Während die Energieproduktion über Biomasse in den Niederlanden noch mit 24 Kubikmetern Wasser pro Gigajoule auskommt, sind es in Simbabwe schon 143 Kubikmeter (nach Gerbens-Leenes et al 2009; siehe Grafik 1). Letztere Autoren haben die "Fußabdruck-Methode" (Footprint) zur Quantifizierung der Wasserinanspruchnahme entwickelt. Ursprünglich wurde das Konzept des ökologischen Fußabdrucks von Mathis Wackernagel und William E. Rees 1994 begründet und es gibt die Fläche an, die zur Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse notwendig ist. Nach Hoekstra ist der Wasserfußabdruck die Menge Wasser, die zur Herstellung eines Produkts benötigt wird.

Wassernutzung von 13 Kulturen zur Bioenergieproduktion

Die Grafik 2 zeigt das gewichtete globale Mittel der Wassernutzung ("Water Footprint") von 13 Kulturen zur Bioenergieproduktion in m3/GJ (Elektroenergie) nach: Gerbens-Leenes, W., Hoekstra, A. Y., van der Meer, T. H. (2009): The water footprint of bioenergy. PNAS 106, 10219-10223.

* Durchschnitt für 5 Länder (Indien, Indonesien, Nikaragua, Brasilien und Guatemala)

Wassernutzung von 13 Kulturen zur Bioenergieproduktion

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Bezogen auf den Wasserbedarf unterscheiden Experten nun zwischen Blauem und Grünen Wasserfußabdruck. Der "Blaue Wasserfußabdruck" ist die Menge an Oberflächen- und Grundwasser, die für die Bewässerung verwendet und während der Wachstumsphase der Pflanzen genutzt bzw. verdunstet wird. Der "Grüne Wasserfußabdruck" ist die Menge an Regenwasser, die die Pflanze während der Wachstumsphase nutzt.

Vergleicht man nicht nur Regionen oder einzelne Länder sondern spezielle Kulturen, fallen gleichfalls sehr große Unterschiede auf (siehe Grafik 2). Während die klassischen Kulturpflanzen (z.B. Zuckerrüben und Mais), die auch in den temperaten Zonen wie in Europa und Nordamerika wachsen können, vergleichsweise moderate Wassermengen benötigen, sind es die neu propagierten Pflanzen wie die Purgiernuss (Jatropha) oder aber auch der Raps, die besonders viel Wasser zur Produktion der gleichen Menge an Energie verbrauchen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass neue Landnutzungsformen, die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und insbesondere die Bioenergieproduktion sowohl den regionalen als auch den globalen Wasserbedarf massiv erhöhen. Bereits die Wahl der Kulturpflanze entscheidet also ganz erheblich über den Wasserbedarf. Die Produktion regenerativer Energien über Biomasse scheint aus der Sicht des Wasserbedarfs eine Sackgasse zu sein. Die Erzeugung von erneuerbarer Energie durch Nutzung der Sonnenstrahlung oder des Windes ist eine Alternative.

Forschung zur Landnutzung am UFZ

Rapsfeld mit Winkraftanlagen im Hintergrund

Rapsanbau und Windkraftanlagen. Die Nutzung von Kulturpflanzen zur Energieproduktion ist mit einem hohen Wasser- und Landverbrauch verbunden. Dagegen wird für die Erzeugung von regenerativer Energie durch Windkraftanlagen kein Wasser verbraucht.
Foto: André Künzelmann/UFZ

Das UFZ forscht zu den beiden Schwerpunkten "Wasserressourcen" und "Landnutzung" sowie zu deren Wechselbeziehungen. Gleichfalls entwickeln UFZ-Wissenschaftler Indikatoren, damit frühzeitig Trends und negative Entwicklungen sichtbar gemacht werden können. Zum Beispiel suchen sie nach Pflanzenmerkmalen, die Landnutzungsänderungen, den Klimawandel und die veränderte Wasserverfügbarkeit anzeigen. Aus den Pflanzenmerkmalen definieren Wissenschaftler am UFZ Indikatoren und entwickeln Strategien für eine angepasste Landnutzung. Charakteristisch für die UFZ-Forschung zu diesem Thema ist die Interdisziplinarität. So beinhaltet das Problem der Wasser- und Landnutzung naturwissenschaftliche und sozio-ökonomische Aspekte. Beide Bereiche müssen zusammengebracht werden, um umfassende Problemanalysen zu gewährleisten und auch allgemeine Lösungen vorschlagen zu können. Zwar sind Umweltprobleme oft sehr spezifisch an bestimmte Regionen gebunden oder sie differieren zwischen den Regionen, dennoch gibt es auch generalisierbare Gesetzmäßigkeiten. Deshalb arbeitet das UFZ in solchen ausgewählten sensitiven Regionen und setzt die Ergebnisse dann in einen globalen Kontext.

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Referenzen (Auswahl)

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