Wasserkreislauf, Grafik

Water Research Horizon Conference

Interview mit Prof. Dr. Georg Teutsch, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung - UFZ

Herr Prof. Teutsch, wir befinden uns auf der zweiten "Water Research Horizon Conference" in Berlin. Können Sie mir erklären, was dieser Titel bedeutet?

Wir wollten mit diesem Titel ausdrücken, dass es sich eben nicht um eine herkömmliche Tagung handelt, wo jeder seine aktuellen Ergebnisse darstellt, sondern wo es mehr darum geht, gemeinsam neue Ideen, neue Visionen und neue Horizonte zu entwickeln. Dieses Format der Konferenz mit einzelnen Workshops hat sich jetzt schon bewährt. Man sieht, dass die Gruppen am Anfang noch etwas sperrig miteinander diskutieren. Mit der Zeit aber entwickeln sich eine ganze Reihe neuer Impulse, insbesondere wenn man auch die Pausen nutzt und dieses Ambiente hier sprechen lässt.

Wer ist an der "Water Science Alliance" und an der "Water Research Horizon Conference" beteiligt?

Beteiligt sind das Helmholtz-Zentrum München, das Forschungszentrum Jülich, das Geo-Forschungszentrum Potsdam und das Forschungszentrum Karlsruhe, das jetzt als KIT insbesondere auf der Universitätsseite entsprechende Wasserkompetenzen hat. Dazu kommen die Kollegen von den Universitäten: Unsere strategischen Partner an der Technischen Universität in Dresden, aber auch der Verbund aus Baden-Württemberg mit Tübingen, Hohenheim und Stuttgart, und noch eine ganze Reihe von Universitäten, unter anderem auch aus dem Berliner Raum.

Was sind die thematischen Schwerpunkte dieser Konferenz?

Wir haben auf der ersten Konferenz vor einem Jahr sechs große Bereiche in einem White Paper definiert und haben uns jetzt in der zweiten Konferenz zwei davon herausgepickt, weil wir glauben, dass wir dort starten sollten. Zum einen ist es das Thema der Wasserqualität und Massenflüsse innerhalb von Wassereinzugsgebieten. Wir müssen in Zukunft in der Lage sein, diese besser zu managen. Das wäre zum Beispiel ein Anwendungsaspekt. Das andere Thema sind die Methoden, die Werkzeuge: Wie können wir gemeinsam so etwas wie eine Modelllandschaft schaffen, mit der man Prognosen langfristig und großräumig verlässlich machen kann.

Warum wurden ausgerechnet diese Themen ausgewählt?

Das hat ganz pragmatische Gründe. Zum einen haben wir in diesen zwei Themen auch im White Paper einen höheren Konkretisierungsgrad gehabt, zum anderen hat die Wissenschafts-Community an diesen zwei Themen besonderes Interesse gehabt. Drittens stehen im BMBF Projektausschreibungen an, die mit diesen Themen auch unmittelbar zu tun haben.

Ein Schwerpunkt ist das Thema Stoff- und Energieflüsse. Sind Stoffflüsse nicht schon ausreichend und detailliert erforscht worden? Was ist neu an diesem Thema?

Nehmen Sie zum Beispiel die Altlasten- oder der Deponieproblematik. Man hat irgendwo einen Schadensherd, das Wasser versickert, geht in den Untergrund, verseucht das Grundwasser und kommt irgendwann mal vielleicht in einem Fluss oder in einem Bach wieder raus.
Oder auch die Themen Pestizidtransport, Anwendung von Chemikalien im Agrochemikalienbereich usw. . Bis jetzt hat man es nicht geschafft, all diese Elemente mit den Themen Landnutzungsänderung, Verkehr und Flussgebietsmanagement zusammenzubringen. Nach der europäischen Wasser-Rahmenrichtlinie wollen wir jedoch bis 2015 einen guten chemischen und ökologischen Status für unseren gesamten Wasserkörper haben. Dazu ist es aber erforderlich, eben nicht nur auf eine Perspektive, auf einen Pfad zu schauen, sondern das Ganze zusammenzunehmen. Und das ist genau das, was bisher wirklich die Grenze der Forschungsmöglichkeiten darstellt.

Welche Ergebnisse hat die Konferenz hervorgebracht?

Die Konferenz hat speziell bei den Stoffflüssen die Erkenntnis gebracht, dass wir insbesondere auch international Gebiete miteinander vergleichen können, die wir eigentlich für völlig unterschiedlich hielten. Das ist für uns vielfach auch neu.
Es gibt da ein paar Grundgesetze, die überall zu stimmen scheinen. Zum Beispiel hängen Stickstoff- oder Phosphatbelastungen tatsächlich von der Art der Landnutzung ab. Sie scheinen aber zeitlich auch über mehrere Jahrzehnte stabil zu sein und haben also etwas Intrinsisches. Das wollen wir besser verstehen. Das ist ein wichtiges Ergebnis.
Auf der Modellseite sehen wir die Notwendigkeit, einen sogenannten Benchmarking-Prozess in Gang zu setzen. Hier wollen wir die verschiedenen Modellentwickler an einen Tisch bringen. An Referenzfällen, bei denen jeder die gleichen Daten bekommt, sollen mit unterschiedlichen Ansätzen Ergebnisse produziert werden. Indem wir die Ergebnisse miteinander vergleichen, wollen wir herausfinden, für welchen Zweck welcher Modelltyp am besten geeignet ist.

Wasser macht bekanntlich an Grenzen nicht halt. Wie sieht es aus mit internationalen Kooperationen und internationalen Partnern?

Wir haben hier sehr viele auch sehr hochrangige Sprecher aus den USA und Kanada, aber auch aus anderen Ländern. Zudem haben wir zum Beispiel mit der University of Waterloo in Kanada letztes Jahr einen Kooperationsvertrag abgeschlossen, um ein kanadisches Flusseinzugsgebiet, das relativ belastet ist, mit einem bei uns in Europa vergleichen zu können. Das gleiche haben wir mit Flussgebieten im mediterranen Raum vor. Wir haben auch Kollegen aus Australien hier, die ähnliche, mehr semi-aride Systeme untersuchen. Letztendlich haben mit der "Water Science Alliance" etwas in Gang gesetzt, das die Kollegen in ihren eigenen Ländern noch nicht hinbekommen haben, obwohl sie es mehrfach versucht haben.

Was sind die nächsten großen Ziele, die Sie mit der "Water Science Alliance" und der "Water Research Horizon Conference" erreichen möchten?

Wir wollen die "Water Research Horizon Conference" als Plattform etablieren und im Sommer nächsten Jahres die dritte Konferenz veranstalten. Dort werden andere Themen im Schwerpunkt stehen. Die "Water Research Horizon Conference" soll sich letztendlich als eine stabile, verlässliche und interessante Plattform weiterentwickeln. Wir wollen Projekte initiieren und sind dabei natürlich auch auf Finanzierung von außerhalb angewiesen. Zudem wollen wir auch in der EU Einfluss auf Themen nehmen, die dort zur Ausschreibung kommen. Last but not least wollen wir natürlich auch gemeinsam mit der Deutschen Wasser-Community bestimmte Schwerpunktregionen angehen. Ein Beispiel ist der zirkummediterrane Raum, also Südeuropa und auch Nordafrika. Ich glaube, dass uns dort insbesondere die Fragen, die mit Wassermangel zu tun haben, in den nächsten Jahrzehnten noch sehr beschäftigen werden.

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