Perspektiven der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel



Status

BMBF

Projektlaufzeit

8/2009 – 10/2009


Kurzfassung

Ziel des Gutachtens war es, den Stand der internationalen und nationalen ökonomischen Forschung zum Klimawandel zu bewerten. Basierend auf dieser Bewertung sollten Empfehlungen für die zukünftige Ausrichtung der deutschen Forschung abgeleitet werden. Das Gutachten basierte auf einer umfassenden Literaturrecherche und Stellungnahmen von Experten. Im Ergebnis konnten die folgenden Aspekte hervorgehoben werden:

1. Der Klimaforschung kommt eine hohe gesellschaftspolitische Verantwortung zu. Insbesondere wird erwartet, dass relevante und umsetzbare Problemlösungen und Handlungsempfehlungen für die Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Verwaltung, aber auch für die gesamte Öffentlichkeit formuliert werden. Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Anforderungen ist zu prüfen, wie leistungsfähig die deutsche wirtschaftswissenschaftliche Forschung aufgestellt ist und wo Ansatzpunkte zu einer Stärkung bestehen.

2. Zahlreiche Beiträge von Ökonomen finden in der Klimapolitik bislang wenig Gehör, weil sie häufig abstrakt und ohne aktuelle Bezüge zu den Institutionen der nationalen, europäischen und internationalen Klimapolitik formuliert sind. Aus der Wissenschaft werden ebenfalls spezifische Erwartungen an die Klimaökonomik formuliert. Hier sind neben anderen Sozialwissenschaften in erster Linie die Naturwissenschaften zu nennen. Integrative und wechselseitig anschlussfähige Forschung verspricht hier gesellschaftlichen Mehrwert. Nicht zuletzt ist der Unternehmenssektor wichtiger Adressat klimaökonomischer Forschung.

3. Klimaforschung findet insbesondere als Klimawandelforschung (Emissionsszenarien, Klimafolgen) und als Klimapolitikforschung (mit den Bereichen Mitigation, Adaptation und Klimasystemsteuerung) sowie über Querschnittsfragen (Integration, Unsicherheit, Verteilung, technischer und sozialer Wandel) statt. Ökonomische Beiträge erscheinen bislang vor allem in den Bereichen Klimafolgen, Mitigation und technischer Fortschritt relevant. Insbesondere Klimaanpassung und Klimasystemsteuerung sowie zahlreiche Querschnittsfelder erscheinen hingegen ausbaufähig.

4. Stärken der deutschen Klimaökonomik werden in den Bereichen Klimafolgenforschung, Instrumentendiskussion und Berücksichtigung des technischen Fortschritts gesehen. Defizite scheinen hingegen in den Bereichen Zielfindung, Anpassung, Klimasystemsteuerung sowie in den Querschnittsfeldern Unsicherheit und Verteilung auf. Für den Bereich internationale Ver-handlungen und das Querschnittsthema Integrative Forschung bietet sich ein gemischtes Bild aus Stärken und Schwächen.

5. Als Leitlinien für eine strategische Forschungsorientierung sollten drei Dimensionen zugrunde gelegt werden:
- stärkere Verknüpfung theoriegeleiteter Forschungsansätze mit anwendungsbezogenen und handlungsorientierten Ansätzen (Stärkung der empirischen Fundierung, Methodenerweiterung zu verhaltens- und institutionenökonomischen Ansätzen);
- Stärkung der Anschlussfähigkeit zu naturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen, insbesondere beim IPCC, durch gezielte Themen- und Methodenwahl an der Schnittstelle zwischen natur- und wirtschaftswissenschaftlicher Forschung;
- Positionierung der deutschen Forschung im internationalen (Forschungs-)Wettbewerb durch Weiterentwicklung bestehender Stärken bei gleichzeitiger Besetzung neuer Forschungsfelder und Nischen.

6. Thematisch führt dieser Ansatz zu folgenden, zu stärkenden bzw. neu zu besetzenden Forschungsfeldern: (1) Neue Forschungsfelder in den Bereichen Angebotsseite, Klimatechnologien, Adaption, (2) Forschung zur Stärkung des Handlungsbezugs (Klimaschutz als internationales Koordinationsproblem, Verteilungsfragen, Implementationsbedingungen), (3) neue Forschungsansätze an der Schnittstelle zwischen Natur-/Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften (Risiko-Kosten-Betrachtungen und Vulnerabilitätsanalysen), (4) neue integrative Forschungsansätze (Zielintegration, regionale Integration und sektorale Integration).

7. Methodisch sollten bewährte Ansätze (allgemeine Gleichgewichtsmodellierung, Spieltheorie und experimentelle Wirtschaftsforschung) im Sinne der Leitlinien weiterentwickelt und die empirische Fundierung der Klimaökonomik deutlich gestärkt werden. Zudem sind bisher eher randständige Ansätze entsprechend ihrem Erklärungspotenzial stärker ins Zentrum der Analyse zu rücken: Hierzu zählen insbesondere die Neue Institutionenökonomik, die Verhaltensökonomie und die Organisationstheorie.