Auswirkung von Landnutzungsänderungen auf die Populationsdynamik und Ausbreitung des Fischotters (Lutra lutra) in Sachsen und Deutschland

Projektleitung: Dr. Reinhard Klenke
Bearbeitung: Dr. Simone Lampa
Förderung durch: DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft (GZ 1960/2-1)
Projektlaufzeit: 15. Juni 2010 - 31. Oktober 2013
Kooperationspartner: Prof. Dr. Bernd GruberProf. Dr. Klaus Henle Prof. Dr. Carsten Dormann Prof Dr. Stefan Halle

Projektbeschreibung

Die Bestände des Fischotters wurden in Mitteleuropa seit Ende des 19. Jahrhunderts stark dezimiert, mit der Folge einer deutschlandweiten Bestandsabnahme bis hin zum vollkommenen Verschwinden der Tierart in weiten Teilen West- und Mitteldeutschlands. Dadurch entwickelte sich in Deutschland eine deutliche Verbreitungslücke, die ost- und westeuropäische Populationen voneinander trennt. Durch diverse Schutzmaßnahmen ist er seit den 1990er Jahren wieder zunehmend in Gebieten anzutreffen, die jahrzehntelang ohne Nachweis waren. Zudem ist zu beobachten, wie sich die Otter aus Zentralfrankreich und Nordostdeutschland wieder aufeinander zu bewegen. Somit hat Deutschland eine hohe Verantwortung für den europaweiten Schutz des Fischotters, insbesondere hinsichtlich der Verbindung seiner Lebensräume.

Otter
Eurasischer Fischotter (Lutra lutra)

Ziel des Projektes

Um die Ausbreitungsdynamik des Fischotters besser verstehen zu können und um diese Entwicklung mit entsprechenden Maßnahmen, vor allem wegen potentiell entstehender Konflikte, zu unterstützen, werden Informationen über die Populationsdynamik und über geeignete Habitate und Ausbreitungswege, benötigt. Wir wollen mit modernen genetischen Methoden erstmals Daten zur Populationsdynamik einer Fischotterpopulation liefern. Dazu werden über einen Zeitraum von 6 Jahren Kotproben in einem Verbreitungskerngebiet des Fischotters (Lausitz, Sachsen) gesammelt und individuell zugeordnet. Mit diesen Daten soll ein Wachstumsmodell für die Population erstellt werden und mittels genetischem Fang-Wiederfang die Populationsgröße über die Zeit verfolgt werden. Verknüpft man die Parameter zur Populationsdynamik mit einem Landschaftshabitatmodell für Sachsen, lässt sich ein räumlich-zeitliches Ausbreitungsmodell erzeugen, das mit den Otterverbreitungsdaten der letzten 60 Jahre kalibriert wird. Mit Hilfe des Modells sind Prognosen über Ausbreitungswege, zukünftige Verbreitung und Folgenabschätzung von Landnutzungsänderungen für Sachsen möglich. Das Ausbreitungsmodell soll dann mit vorhandenen Vorkommens – und Landnutzungsdaten auf ganz Deutschland übertragen werden, um die zukünftige deutschlandweite Ausbreitung des Fischotters zu prognostizieren.

Vorarbeiten und Stand des Projektes

In den vergangenen Jahren wurde die Methode der Mikrosatellitenanalyse (Genotypisierung) in unserem Labor soweit optimiert, dass die Erfolgsrate, im Vergleich zu den ersten Studien, mehr als verdoppelt werden konnte (47% vs 20% bei Dallas et al. 2003) und die Fehlerrate drastisch gesenkt wurde (um 53%) (Lampa et al. 2008). Durch diese Vorarbeit ist die Anwendung der nicht-invasiven Genotypisierung nun wesentlich leistungsfähiger und erfolgversprechender.
In den Jahren 2006, 2007, 2008, 2010, 2011 und 2012 wurden insgesamt 2001 Kotproben in einem Gebiet der Oberlausitz gesammelt. Anhand des ersten Untersuchungsjahres (2006) wurden Risiken und Tücken des nicht-invasiven genetischen Fang-Wiederfangs aufgezeigt und diskutiert (Lampa et al. 2013). Dabei wurde eine Schritt-für-Schritt-Anleitung erstellt, die eine zuverlässige Populationsgrößenschätzung auch bei hohen Genotypisierungsfehlerraten ermöglicht. Mit Hilfe dieser Anleitung wurden für die 6 Untersuchungsjahre zum einen Populationsgrößen und Geschlechterverhältnisse bestimmt und das Markierungsverhalten untersucht (Lampa et al. 2015), zum anderen wurden Überlebens- und Migrationsraten geschätzt, sowie das Dispersionsverhalten und die räumliche Nutzung untersucht (Lampa et al. (eingereicht)).

Veröffentlichungen

Lampa S, Mihoub JB, Gruber B, Klenke K, & Henle K (2015) Non-invasive genetic mark-recapture as a means to study population sizes and marking behaviour of the elusive Eurasian otter (Lutra lutra). PLoS ONE 10(5): e0125684. doi:10.1371/journal.pone.0125684
DOI 10.1371/journal.pone.0125684

Lampa S, Henle K, Klenke K, Hoehn M & Gruber B. (2013) How to Overcome Genotyping Errors in Non-Invasive Genetic Mark-Recapture Population Size Estimation – A Review of Available Methods Illustrated by a Case Study. Journal of Wildlife Management 77(8), 1490-1511.
DOI 10.1002/jwmg.604

Lampa S, Gruber B, Henle K & Hoehn M (2008) An optimisation approach to increase DNA amplification success of otter faeces. Conservation Genetics 9, 201-210.
DOI 10.1007/s10592-007-9328-9

Klenke R, Tschierschke A, Gruber B, Lampa S, Hempel U, Geissler S, Helm C, Kalbitz J, Kaulfuss J, Liu Z, Meichsner C & Henle K (2008) Räumliche und zeitliche Aktivitätsmuster von Fischottern (Lutra lutra Linnaeus, 1758) anhand von frischen Markierungsfunden in einer Teichlandschaft. Säugetierkundliche Informationen, Jena 6, 209-226.

Buchbeiträge

Klenke R, Ring I, Schwerdtner Máñez Costa K, Habighorst R, Weiss V, Wittmer H, Gruber B, Lampa S & Henle K (2013) Otters in Saxony – A Story of Successful Conflict Resolution. In: Klenke R, Ring I, Kranz A, Jepsen N, Rauschmayer F & Henle K (Eds.) Human-wildlife conflicts in Europe – Fisheries and fish-eating vertebrates as a model case. Springer, Berlin, Heidelberg, New York.
Human - Wildlife Conflicts in Europe