Deichrückverlegung und Auenrenaturierung im Roßlauer Oberluch - Biosphärenreservat Mittelelbe

In den letzten Jahrhunderten gingen an der Elbe über 80 % der Überschwemmungsauen in Folgen von Hochwasserschutzmaßnahmen, insbes. Deichbau, verloren. Das führte zu einem weit reichenden Verlust von Auenlebensräumen. Nach wie vor besteht bei extremen Abflussereignissen ein hohes Hochwasserrisiko, auch wenn in den letzten Jahren, insbesondere nach dem extremen Sommerhochwasser 2002, Deichanlagen ausgebaut und erhöht wurden. Im Rahmen der Europäischen Hochwasserpolitik wird die Schaffung von neuen Retentionsräumen durch Deichrückverlegung als eine wesentliche Aufgabe im Auenmanagement genannt. Auch an der Mittleren Elbe stellen sich zahlreiche Akteure in verschiedenen Projekten dieser Herausforderung. So ist die Vorgehensweise, "dem Fluss mehr Raum durch Anbindung ehemaliger Auenbereiche zu geben", eine Chance, einen nachhaltigen Hochwasserschutz mit Naturschutzzielen zu verbinden.
Durch die Anbindung ehemaliger Auen an das direkte Überflutungsgeschehen des Flusses wird die Lebensraum bestimmende Auendynamik wiederhergestellt, wodruch eine Vielzahl an Auenfunktionen (z.B. Retention, Sedimentation, Hydrodynamik, etc.) reaktiviert werden. Gleichzeitig können höhere Nährstofffrachten und Giftstoffe Beeinträchtigungen von bestehenden Lebensraumfunktionen zur Folge haben. Aus diesen Gründen ist eine Kurz- und Langzeitüberwachung der erwarteten Effekte eine wesentliche Voraussetzung für die Schaffung von weiteren neuen Überschwemmungsräumen.

Roßlau - Deichrückverlegung - Grafik C. Ilg

Entlang der Mittleren Elbe sind derzeit ca. 15 Deichrückverlegungen mit einer Gesamtfläche von ca. 2.600 ha geplant. Der Planungsprozess selbst ist häufig sehr langwierig, da eine große Anzahl an Beteiligten integriert werden muss. Für eine hohe Akzeptanz der Maßnahmen ist eine frühzeitige Einbindung der Betroffenen unabdingbar. Im Roßlauer Oberluch (Stadt Dessau-Roßlau) konnte durch das Land Sachsen-Anhalt die erste Deichrückverlegung an der Mittleren Elbe realisiert werden.

Entscheidend für die Wieder- anbindung des Roßlauer Oberluchs war, dass den hohen Sanierungskosten des Altdeiches wesentlich geringere Kosten einer kürzeren, näher an der Ortlage gelegenen Deichlinie gegenüber standen.

Mit der Deichöffnung im Roßlauer Oberluch wird die einmalige Möglichkeit eröffnet, das erste großflächige Auenrenaturierungsprojekt im UNESCO-Biosphärenreservat Mittelelbe wissenschaftlich zu begleiten.

Die 140 ha ehemaliger Altaue stellen jetzt einen zusätzlichen Retentionsraum dar. Zusätzlich erfüllen sie noch weitere Funktionen wie z.B. Grünland und Forstfläche, Trinkwasserversorgung und Naturerholungsgebiet. Zahlreiche auentypische Lebensräume (wie Auengrünland, Altwässer, Flutrinnen, Röhrichte sowie Auenwaldfragmente) und hier lebende Tier- und Pflanzenarten (z.B Biber, Rotbauchunke, Kranich oder Sibirische Schwertlilie) zeigen ein hohes Renaturierungspotential an.

Rosslaudeich

Durch Umwandlung von ehemals das Oberluch dominierenden Ackerflächen in mesophiles Grünland und Auenwaldpflanzungen sowie Neuschaffung von Gewässern wurden in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche naturschutzfachliche Maßnahmen durchgeführt. Um die kurz- aber auch langfristigen Effekte auf Auenlebensräume und Auenfunktionen dieses Renaturierungsprojektes auch für weitere Rückdeichungen zu nutzen, wurde durch das UFZ in Zusammenarbeit mit der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe im Sommer 2006 eine fächerübergreifende Forschungsplattform eingerichtet.



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