Pressemitteilung vom 25. November 2011

Kontaminiertes Grundwasser wird biologisch gereinigt

Leuna. Am Chemiestandort Leuna hat am Freitag, dem 25.11.2011, eine Pilotanlage zur naturnahen Reinigung von mit Benzol und MTBE kontaminiertem Grundwasser ihren Betrieb im technischen Maßstab aufgenommen. Die offizielle Inbetriebnahme durch den Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Herrn Dr. Onko Hermann Aeikens, leitet die einjährige Pilotbetriebsphase ein, in der die wirtschaftliche Effizienz des Verfahrens im realen Maßstab erprobt wird. Bei erfolgreichem Abschluss sollen künftig 600 Kubikmeter Grundwasser pro Tag behandelt und damit die Konzentration dieser Schadstoffe unter den Grenzwert für Trinkwasser reduziert werden.

Pilotanlage in Leuna

Am Chemiestandort Leuna hat am Freitag, dem 25.11.2011, eine Pilotanlage zur naturnahen Reinigung von mit Benzol und MTBE kontaminiertem Grundwasser ihren Betrieb im technischen Maßstab aufgenommen. Die offizielle Inbetriebnahme erfolgte durch den Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Herrn Dr. Onko Hermann Aeikens.
Foto: Klaus-Dieter Sonntag

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Grafik: Verfahrensprinzip der vertikalen Bodenfilter zur Reiningung von kontaminierten Grundwasser

Verfahrensprinzip der vertikalen Bodenfilter zur Reiningung von kontaminierten Grundwasser.
Grafik: UFZ

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Vorausgegangen war ein vierjähriger Betrieb einer Forschungsanlage des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in kleinerem Maßstab. Aus diesen Tests liegen inzwischen wissenschaftliche Ergebnisse vor, die die Effektivität der untersuchten "Vertikal-Bodenfilter" für eine Nutzung in großem Maßstab belegen und die Pilotanlage in Leuna möglich gemacht haben. Das etwa 1.300 Hektar große Areal der früheren Leuna-Werke hat sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts als Standort der chemischen Großchemie mit einer der größten Raffinerien der DDR entwickelt.

Durch Kriegsschäden, Havarien und Handhabungsverluste sind Schadstoffe wie Mineralölkohlenwasserstoffe sowie Benzinzusatzstoffe wie MTBE (Methyl-tertiär-butylether) massiv in das Grundwasser gelangt. Als Rechtsnachfolger der ehemaligen Leuna Werke Walter Ulbricht ist die MDVV Mitteldeutsche Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft mbH in ihrer Funktion als Projektträger für den Standort Leuna verantwortlich für alle Sanierungsmaßnahmen die das Grundwasser betreffen. So auch für die Verhinderung der Ausbreitung des belasteten Grundwassers in die östlich des Werksgeländes gelegenen Gebiete. Der Standort Leuna zählt aufgrund seiner Altlasten zu den sieben Ökologischen Großprojekten in Sachsen-Anhalt.

Mit der Errichtung der Dichtwand zur Sicherung des Grundwasserabstroms im Bereich Alte Raffinerie 2005 konnte die erste Stufe des Rahmensanierungskonzeptes erfolgreich abgeschlossen werden. Seit 2006 wird das vom Standort abströmende kontaminierte Grundwasser vollständig gefasst und gereinigt. Nun werden die Quellbereiche saniert und zugleich die Maßnahmen zur Grundwassersicherung optimiert. Hierbei zählen die Fachleute und Ingenieure vor Ort auf die Unterstützung der Wissenschaft.

Die Inbetriebnahme der Pilotanlage stellt einen weiteren Meilenstein dar in der erfolgreichen Zusammenarbeit der verschiedenen in der Altlastensanierung engagierten Stellen des Landes Sachsen-Anhalt, der Verantwortlichen am Standort und der Wissenschaft bei der Entwicklung von Sanierungsverfahren. Am Standort "Alte Raffinerie Leuna" wird im Rahmen der "SAFIRA II Sanierungsforschung" seit 2007 die Forschungsanlage "Compartment Transfer" (CoTra) vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) betrieben. "Kernziel des Projektes ist die Entwicklung naturnaher und innovativer Sanierungsverfahren zur Grundwasserabstromsicherung an großflächig kontaminierten, industriellen Megasites", erklärt Prof. Holger Weiß vom UFZ. Der Fokus liegt dabei auf der Entfernung von Benzol und MTBE (Methyl-tertiär-butylether) aus dem Grundwasser. Benzol ist giftig und krebserregend. MTBE dagegen ist in kleinen Konzentrationen ungiftig, aber langlebig und vor allem sehr geruchsintensiv. Daher können auch geringe Mengen an MTBE die Wasserqualität massiv verschlechtern. In einem 4-jährigen Betrieb der CoTra-Forschungsanlage wurden die verschiedenen Lösungsansätze erprobt und die wissenschaftlichen Grundlagen der BTEX und MTBE-Entfernung untersucht.

Nun liegen Ergebnisse vor, die die Effektivität von "Vertikalen Bodenfiltern" als neu entwickeltes Verfahren zur Grundwasserreinigung belegen. Genutzt wird für die Reinigung der passive Eintrag von Sauerstoff in das kontaminierte Grundwasser. "Dies erfolgt über eine gepulste Verrieselung des Wassers über zwei Stufen eines speziell aufgebauten Bodenfilters. Dadurch wird der biologische Schadstoffabbau erheblich beschleunigt und die Benzol- und MTBE-Konzentration unter den Grenzwert für Trinkwasser reduziert", erklären Dr. Manfred van Afferden und Dr. Roland A. Müller vom UFZ. In der einjährigen Pilotbetriebsphase werden gemeinsam mit der Bauer Umwelt GmbH die Betriebsführung, die wirtschaftliche Effizienz sowie weitere Verfahrensparameter im realen Maßstab erprobt.

Weitere Informationen

Dr. Roland A. Müller, Dr. Manfred van Afferden
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341- 235-1275, - 1848
Arbeitsgruppe: Dezentrales Abwassermanagement

oder

Tilo Arnhold
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0341 235-1635
tilo.arnhold@ufz.de

Weitere Links

CoTra-Pilotanlage in Leuna
www.ufz.de/index.php?de=21045

SAFIRA II Projekt "Compartment Transfer"
www.ufz.de/index.php?de=13979

Neues Testverfahren zur Grundwassersanierung mittels Pflanzenkläranlagen (Pressemitteilung vom 9. Oktober 2007)
www.ufz.de/index.php?de=15223

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg ungefähr 1.000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).