Pressemitteilung vom 19. Januar 2011

Neues Verfahren zum Erkennen von Wettermustern

Student erhält Förderpreis der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK)

Leipzig. Für die Entwicklung eines neuen mathematischen Verfahrens, mit dem Muster in Wetterdaten besser erkannt werden können, erhält der Mathematikstudent Alexander Thiem den "Preis des Fördervereins 2010" der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK). Der mit 500 Euro dotierte Preis wird an die jeweils Besten der Fakultäten der HTWK für überragende Leistungen vergeben. Das neue Rechenverfahren entstand in enger Kooperation mit dem Institut für Meteorologie der Universität Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Isländische Fahne vor wolkenverhangenen Berg

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Wolkenverhangene Berge auf Island

Bei besonders tiefem Luftdruck über Island herrscht gleichzeitig besonders hoher Luftdruck über den Azoren. Dieses Phänomen wird Nordatlantische Oszillation (NAO) genannt, prägt vor allem im Winter die Witterung in Mitteleuropa und sorgt dabei für warme und niederschlagsreiche Winter. Erlebt Mitteleuropa einen solchen milden Winter, dann herrscht im Mittelmeerraum Trockenheit. Ist die NAO hingegen weniger stark ausgeprägt, so erlebt Mitteleuropa einen kalten Winter und es regnet im Mittelmeerraum besonders viel. Mit der neuen Methode ist es nun möglich diese Phänomene der Telekonnektionen detaillierter zu untersuchen als zuvor.
beide Fotos: Nele Lienhoop/ UFZ

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Bisherige Methoden gingen von Klima-Oszillationen aus, also von Schwankungen um einen mittleren Wert. Die neue Methode benutzt dagegen eine Überlagerung von nichtnegativen Elementen und ist so geeigneter zur Beschreibung des Klimawandels. Damit ist es möglich, meteorologische Muster aus diesen Elementen zusammenzusetzen. Die Muster sind auch eine Erklärung für atmosphärische Fernwirkungen zwischen weit entfernten Regionen der Erde. Zu diesen so genannten Telekonnektionen gehören beispielsweise die bekannten Phänomene El Niño bzw. La Niña im Südpazifik.

In Europa ist die bekannteste Telekonnektion die Nordatlantische Oszillation (NAO). Darunter verstehen Meteorologen das Phänomen, dass bei besonders tiefem Luftdruck über Island gleichzeitig besonders hoher Luftdruck über den Azoren herrscht. Dieser Effekt prägt vor allem im Winter die Witterung in Mitteleuropa und sorgt für warme und niederschlagsreiche Winter. Erlebt Mitteleuropa einen solchen milden Winter, dann herrscht im Mittelmeerraum Trockenheit. Ist die NAO hingegen weniger stark ausgeprägt, so erlebt Mitteleuropa einen kalten Winter und es regnet im Mittelmeerraum besonders viel. Mit der neuen Methode ist es nun möglich diese Phänomene detaillierter zu untersuchen als zuvor. So fanden die Forscher Hinweise darauf, dass die NAO mit einem anderen Muster, der Pazifisch-Nordamerikanischen Oszillation (PNA), zusammenhängt. Wahrscheinlich spielen auch die Labradorsee, der westliche subtropische Atlantik und Osteuropa eine Rolle. "Mit der neuen Methode konnten wir auch völlig neue Telekonnektionen erkennen. Zum Beispiel tritt bei hohem Luftdruck über dem Nordpazifik auch hoher Luftdruck über den Schottischen Inseln auf. Das war bisher noch nicht bekannt", berichtet Alexander Thiem, der von Prof. Bernd Engelmann von der HTWK Leipzig betreut wurde und der zur Zeit am UFZ arbeitet.

Großwetterlagen haben starken Einfluss auf die menschliche Gesundheit. So dauert zum Beispiel im Sommer heißes Wetter bei stabilen Hochdruckwetterlagen lange an. "Geschwächte Menschen leiden dann stärker unter den hohen Temperaturen und unter dem Smog, da sich bei den austauscharmen Hochdruckwetterlagen mehr Schadstoffe in der Luft anreichern als sonst. Die Anzahl der Todesfälle steigt deutlich. Der Statistik zufolge sind im Hitzesommer 2003 in Frankreich und Italien über 20.000 Menschen mehr als sonst gestorben", erklärt Prof. Uwe Schlink vom UFZ, der die Auswirkungen von Wetterschwankungen und Wetterlagen auf die direkte menschliche Umwelt in Stadtgebieten und Innenräumen und auf die menschliche Gesundheit untersucht.

Vorbild für die neue Methode war die so genannte Nicht-negative Matrix-Faktorisierung (NMF). Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur Mustererkennung, das US-Wissenschaftler vor einigen Jahren vorgestellt hatten. Seitdem wurde diese Methode zum Beispiel zur Erkennung von Gesichtern, Schadstoffbelastungsmustern und Schadstoffquellen und nun auch für Wettermuster genutzt. Künftig wollen die Forscher herausfinden, wie sich die additive Überlagerung der gefundenen Muster für die Entwicklung von Anpassungsstrategien nutzen lassen.
Tilo Arnhold

Weitere Informationen

Prof. Dr. Uwe Schlink, Alexander Thiem
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1554, - 1576
Mitarbeiterliste des Departments

oder

Tilo Arnhold
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
presse@ufz.de
0341-235-1635

Weiterführende Links

"Preis des Fördervereins" für herausragende Abschlussarbeiten (HTWK-Pressemitteilung):
www.htwk-leipzig.de/de/presse/pressemitteilungen/

Fakultät Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften der HTWK Leipzig
portal.imn.htwk-leipzig.de/fakultaet/engel

Institut für Meteorologie der Universität Leipzig
www.uni-leipzig.de/~meteo/

Nordatlantische Oszillation (NAO)
de.wikipedia.org/wiki/Nordatlantische_Oszillation
www1.secam.ex.ac.uk/cat/NAO

Nicht-negative Matrix-Faktorisierung (NMF)
www.inf.fu-berlin.de/lehre/WS05/Mustererkennung/nmf/nmf.pdf

Publikation

Uwe Schlink , Alexander Thiem (2010): Non-negative Matrix Factorization for the identification of patterns of atmospheric pressure and geopotential for the Northern Hemisphere. International Journal of Climatology. 30: 909-925
http://dx.doi.org/10.1002/joc.1942

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).